Pressemitteilung zur Herbsttagung des

Verbands der Elternräte der Gymnasien Niedersachsens e.V.

Gymnasien in Niedersachsen – Große Herausforderungen durch Umstellung auf ein modernes G9 und Ganztagsschulbetrieb

Eltern fordern höhere Unterrichtsversorgung und zielführende Lösungen beim Boykott von Klassenfahrten von der Kultusministerin

In einer Zeit großer Unsicherheit für die Gymnasien im Land hatte der unabhängige Verband der Elternräte der Gymnasien Niedersachsens zu seiner traditionellen Herbsttagung ins HCC nach Hannover eingeladen. Das Interesse der Eltern und geladenen Gäste war groß. Landauf, landab beschäftigt derzeit

die Eltern das bewegende Thema der gymnasialen Ganztagsschule, insbesondere vor dem Hintergrund der Einführung des „modernen Abiturs G9 nach 9 Jahren“. Im Mittelpunkt der Tagung stand ein Vortrag der Kultusministerin Frauke Heiligenstadt.

Dr. Klaus Plein, Vorsitzender des Verbands eröffnete die Tagung zunächst mit seinem Einführungsvortrag, in dem er die Entscheidung der Kultusministerin Frauke Heilgenstadt im Februar 2014, das Turbo-Abitur (G8) zugunsten der 13-jährigen Schulzeit (G9) bis zur Studienreife an Gymnasien abzuschaffen, als großartige Entscheidung erklärt und außerordentlich begrüßt. Der Verband der Elternräte fordert, dass alle von den Gymnasiallehrerkräften erwirtschafteten, freigewordenen Lehrerstunden nach Umstellung auf G9 im System Gymnasium bleiben und zum Aufbau des „modernen Abiturs“ genutzt werden. Nur eine ausreichende Unterrichtsversorgung garantiere auch zukünftig eine hochwertige Ausbildung der Schüler in den MINT-Fächern und Fremdsprachen. Der Verband fordert die Kultusministerin auf, im Streit um die Erhöhung der Unterrichtsverpflichtung der Lehrer an Gymnasien und die Aussetzung der Altersteilzeit endlich substantiell auf die Lehrer zuzugehen und den Schulfrieden wiederherzustellen. Scharf kritisiert

der Verband der Elternräte, so Dr. Klaus Plein, die aktuellen Ankündigungen der Landesregierung, per Schulgesetznovelle ab 2015, Gesamtschulen als ersetzende Schulform einzuführen. Auch die Aufgabe der Schullaufbahnempfehlung und der Notengebung in der Grundschule werden von dem Verband abgelehnt. Dagegen werde die Ankündigung des Kultusministeriums, das Ganztagsangebot an den Gymnasien auszubauen und die finanzielle und personelle Unterstützung in den kommenden Jahren zu erhöhen, begrüßt. Der Verband fordert aber, dass Erziehung in Elternhaus und Familie weiterhin eine zentrale Aufgabe der Eltern bleiben muss und nicht dazu führen darf, die Kinder in Schulen mit einem gebundenen Ganztagesangebot zu verpflichten.

Ministerin Frauke Heiligenstadt erklärte in Ihrem Vortrag, dass in der Bildungspolitik der Landesregierung die Förderung der Ganztagsschulen einen großen Schwerpunkt bilde. Vor dem Hintergrund der sich ändernden familiären Bedingungen sei es unabdingbar, zusätzliche Bildungsangebote anbieten zu können. Frau Heiligenstadt führte die geplante inhaltliche Ausgestaltung der unterschiedlichen Formen der Ganztagsschulen aus. Für Fragen zum Thema des Vortrags nahm sich die Ministerin viel Zeit und stellte sich den umfangreichen Fragen der Schulelternräte der Gymnasien, die in großer Zahl aus ganz Niedersachsen nach Hannover gekommen waren. Dabei wurde deutlich, dass die Elternschaft die weitere Verstärkung des Ganztagsangebotes im Land begrüßen, jedoch auch stets ein alternatives klassisches Schulangebot wünschen. Somit müsse an allen Standorten die Teilnahme am Ganztagsangebot freiwillig bleiben. Nur so könnten alternative, von den Schulen unabhängige Angebote oder Möglichkeiten genutzt werden.

Großen Unmut zeigten die anwesenden Eltern zur Finanzierung der Ganztagsschulen, die über Arbeitszeiterhöhungen der Gymnasiallehrer erkauft werden. Diese zusätzliche Belastung führt aktuell zu erheblicher Unruhe und Unzufriedenheit an zahlreichen niedersächsischen Gymnasien, da als Gegenmaßnahme von den Kollegien mehrerer Schulen die freiwilligen Klassen- und Kursfahrten ausgesetzt wurden und werden. Wie die Geschäftsführerin des Verbands Petra Wiedenroth betonte, verstehen die Eltern die Probleme der Lehrer, akzeptieren jedoch nicht, dass dieser Streit zwischen dem Kultusministerium und den Lehrkräften auf dem Rücken der Schüler ausgetragen wird. Hier erwartet der Verband, dass die pädagogisch besonders wichtigen Fahrten, die vor allem in den bestehenden Schulkonzepten wichtige Bestandteile sind, an allen Schulen auch weiterhin durchgeführt werden. Rückmeldungen der Mitgliedsschulen bestätigen bereits diese an vielen Schulen praktizierte Regelung. Es wurden nachdrücklich Lösungen von der Landesregierung gefordert.

Vertreter der im Landtag vertretenden Parteien, Herr Kai Seefried (CDU), Herr Björn Försterling (FDP), Herr Claus Peter Poppe (SPD) und Herr Heiner Scholing (Bündnis90/Die Grünen), gingen in ihren nachfolgenden Statements, teilsweise sehr kritisch, auf einige wesentliche Punkte der geplanten Veränderungen ein. Insgesamt wurde deutlich, dass es hier sehr unterschiedliche Sicht- und Herangehensweisen zu den bildungspolitisch relevanten Punkten gibt.

In der im Anschluss geführten Diskussion wurde deutlich, dass die Eltern die Einführung des Abiturs nach

13 Schuljahren sehr begrüßen, jedoch von der Landesregierung eine konkrete und schnelle Umsetzung erwarten. Mit Nachdruck wurde gefordert, dass die zusätzlichen Lehrkräfte, die für die Realisierung des

13. Jahrgangs in Zukunft benötigt werden, nicht nur angekündigt, sondern auch tatsächlich bereitgestellt

werden.

Kritische Nachfragen gab es zur Planung und Möglichkeit, die Gesamtschulen als ersetzende Schulform einzuführen. Hier sollen zukünftig Schulträger selbstständig entscheiden können. Vorsitzender Dr. Klaus Plein erklärte, dass es keine Wahlmöglichkeit sei, wenn Eltern durch Entscheidungen des Schulträges zu Gunsten einer Gesamtschule vor Ort gezwungen werden, ihre Kinder auf einem Gymnasium zu beschulen, dass über eine Fahrtstunde entfernt läge.

In seinem Schlusswort unterstrich der Vorsitzende Dr. Klaus Plein die herausragende Bedeutung der Gymnasien für die Bildungslandschaft in Niedersachsen, für deren Interessen sich der Verband auch weiterhin mit kräftiger Stimme einsetzen wird. Er selbst wird den Verband nicht weiter vertreten, seine jüngste Tochter hat im Sommer ihr Abitur abgelegt. Nach über zehn Jahren Vorstandsarbeit verabschiedete er sich mit dieser Tagung mit Dank an die Mitglieder, die Politik und die weiteren Verbände für die gute und vertrauensvolle Zusammenarbeit.

In der anschließenden Mitgliederversammlung wurde mit großer Mehrheit der bisherige Stellvertreter Herr Dr. Oliver Gossel zum neuen Vorsitzenden gewählt. In einer ersten Erklärung kündigte er an, dass der Ungleichbehandlung und Entkernung der Gymnasien, wie sie sich durch die bevorstehende Schulgesetzänderung abzeichnet, endlich Einhalt geboten werden muss. Zukünftig werde es noch bedeutsamer sein, dass Eltern gemeinsam Ihre Stimme dagegen erheben.

Hannover, den 18.10.2014

Dr. Klaus Plein, Vorsitzender

Petra Wiedenroth, Geschäftsführerin