Herbsttagung 2016

Rede des Vorsitzenden Dr. Oliver Gossel

Zur Situation der Gymnasien in Niedersachsen

Liebe Eltern, sehr geehrter Herr Dr. Bredthauer, sehr geehrter Herr Lepel, liebe Gäste und Freunde unseres Verbands, im Namen des Vorstands begrüße ich Sie sehr herzlich zu unserer diesjährigen Herbsttagung in Hannover. In diesem Jahr haben wir den Schwerpunkt unserer Tagung gegenüber den vergangenen Jahren geändert und stellen heute die Elternmitarbeit in den Vordergrund: Schule gestalten – Eltern in der Verantwortung. Wir hoffen Ihnen, unseren Mitgliedern, wichtige Hilfestellungen in Ihrer täglichen Arbeit geben zu können.
Doch zunächst möchte ich mich bei Herrn Dr. Bredthauer, dem Schulleiter der Goetheschule, herzlich bedanken, der uns nicht nur die Möglichkeit gibt hier, an diesem zentralen Ort, zu tagen, sondern auch, dass er heute mit einem Grußwort zum Gelingen dieser Tagung beträgt.
Aber bevor wir Ihnen konkrete Hinweise geben, gestatten Sie mir einen kurzen Bericht zur Situation der Gymnasien in Niedersachsen und damit auch zur Arbeit unseres Verbands.
Geprägt ist die Lage für unsere Gymnasien leider auch in den vergangenen 12 Monaten durch große Unruhe und Hektik, die für ein gutes Arbeiten an den Schulen gewiss nicht förderlich ist. Wir, wie insbesondere auch der Philologenverband, haben hier vielfach mahnend und rechtzeitig auf Missstände hingewiesen, nur hat man uns im Kultusministerium leider oft nicht wirklich gehört oder nicht hören wollen.
Trauriger Höhepunkt war sicherlich das Abitur in Mathematik. Hier waren wir die Ersten, die entschieden darauf hingewiesen haben, dass etwas grundsätzlich schief gelaufen ist. Vielen Dank an dieser Stelle an unsere wachen Mitglieder, die uns sehr schnell auf die richtige Fährte gebracht haben. Eine solche Panne in einer so zentralen Angelegenheit wie einer Abiturprüfung haben auch langjährige Vorstandsmitglieder noch nicht erlebt. Umso betrüblicher, dass erst massive Beschwerden, mit uns an vorderster Front, das Kultusministerium quasi in letzter Minute zum Einlenken bewegt hat. So konnte der angerichtete Schaden zumindest begrenzt werden. Es scheint sich auch hier die traurige Wahrheit zu bestätigen, dass wirklich erst dann Bewegung in eine Sache kommt, wenn die Presse eingeschaltet wird.

Leider stehen insbesondere unsere Gymnasien, aber auch die anderen Schulformen, vor großen Herausforderungen. Wer unsere Pressemitteilungen verfolgt hat, kennt die Schlagworte:
–    fehlende Fachlehrer,
–    große Probleme bei der landesweiten Sicherung der Unterrichtsversorgung,
–    Minderung der Leistungsanforderungen durch die neue Oberstufenverordnung.
Alles alarmierenden Punkte, die auf eine Absenkung der Bildungsqualität hinweisen. Hier heißt es wach bleiben und den Finger auch weiter in die Wunde legen. Unser Verband ist hier, wie es scheint, die einzige unabhängige Stelle im Land, die in der Lage ist, realen Zahlen zu liefern. So haben unsere Umfragen zur Herbsttagung 2015 und auch im Januar dieses Jahres die vielfach deutlichen Mängel in der Unterrichtsversorgung aufgezeigt. Vor einem Jahr haben wir ermittelt, dass die Unterrichtsversorgung bei teilweise katastrophalen Werten unter 90% liegt. Diese Zahlen wurden dreimal im Landtag thematisiert und wurden auch in der Presse genannt. Diese Werte hat die Kultusministerin zunächst als nicht belastbar eingestuft aber letztlich doch bestätigt.
Wir erwarten nun endlich tragfähige Lösungen, um zum einen kurzfristig die aktuellen Mängel in der Unterrichtsversorgung zu beheben und um zum anderen mittel- bis langfristig dafür Sorge zu tragen, dass alle Schulformen mit ausreichend Lehrern versorgt sind. Am Horizont sehen wir so z.B. bereits die Umstellung auf das von uns begrüßte G9, das bedeutet aber auch, dass ein kompletter zusätzlicher Jahrgang unterrichtet werden muss. Dafür sind natürlich zusätzliche Lehrer nötig. Es freut uns, dass verstärkt auch Quereinsteiger für den Lehrerberuf herangezogen werden sollen, nur – so geben wir zu bedenken – darf dies nicht schnell-schnell geschehen, sondern auch hier ist eine fundierte, qualifizierte Ausbildung sicherzustellen.
Auch an der neuen Oberstufenverordnung ist bedauerlicherweise deutliche Kritik zu üben, insbesondere lehnen wir die neue Präsentationsprüfung ab: Diese entspricht nicht der Intention einer Abiturprüfung, da überwiegend die Form, kaum aber der Inhalt gewürdigt wird. Zudem ist nicht sicherzustellen, dass es sich um eine Eigenleistung des zu Prüfenden handelt. Als geradezu dramatisch sehen wir es an, dass auf Schulvorstandsbeschluss auf die bisher verpflichtende 2. Fremdsprache im elften Jahrgang verzichtet werden kann. Gerade das Wissen um fremde Sprachen und Kulturen ist doch Kernbestandteil des Abiturs, und das muss auch so bleiben.
Warnend möchten wir betonen, dass die Gymnasien mit ihrer speziellen Ausrichtung auf die allgemeine Studierfähigkeit an ihrer Seite stets auch leistungsfähige andere Schulformen mit entsprechenden Ausrichtungen benötigen. Wie es der Vorsitzende des Lehrerverbands, Josef Kraus treffend formuliert: „Wenn alle am Gymnasium sind, dann ist keiner mehr am Gymnasium, denn dann sind alle in einer Einheitsschule.“
Leider ist es uns nicht möglich, die angekündigten Zahlen zu unserer aktuellen Erhebung, vor allem zur Unterrichtsversorgung, heute bekannt zu geben. Um sichere, aussagekräftige Daten zu bekommen, mussten wir unsere Erhebung weiter absichern, herzlichen Dank dafür an den stellvertretenden Vorsitzenden, Herrn Dr. Hartwig Jeschke, der dies hervorragend umgesetzt hat. Nach Abschluss der Umfrage werden wir diese Daten Ihnen und der Öffentlichkeit im Rahmen einer Pressemitteilung bekannt geben.
Abschließen möchte ich diesen doch eher trüben Rückblick mit einem Lichtblick. Wir danken den weit überwiegend sehr motivierten und leistungsfähigen Lehrerinnen und Lehrern und auch Schulleitungen für Ihren täglichen Einsatz für unsere Kinder. Letztlich kann Schule nur mit guten Lehrerinnen und Lehrern gelingen!
Gestatten Sie mir ein paar persönliche Worte, da dies mein letzter Tag als Vorsitzende Ihres Verbands ist. Für mich ist mit dem heutigen Tag die Elternarbeit in vorderster Linie beendet. Ich danke Ihnen, unseren Mitgliedern, für die Unterstützung der Vorstandsarbeit. Nur durch Rückmeldungen von Ihnen war und wird der Vorstand in der Lage sein, im Sinne unserer Kinder für eine gute Schule tätig zu werden. Mein Dank gilt aber insbesondere dem geschäftsführenden Vorstand und unserer Geschäftsführerin Frau Petra Wiedenroth für die vertrauensvolle und hervorragende Zusammenarbeit. Die Berücksichtigung unserer Stellungnahmen und Meldungen, siehe z.B. Unterrichtsversorgung und Matheabitur, verdanken wir dabei vor allem dem engagierten, über das vereinbarte Maß weit hinausgehenden Einsatz von Petra Wiedenroth. Euch allen mein herzlicher Dank!

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit